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Politisierte Religion
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Schirin Amir-Moazami
Politisierte Religion
Der Kopftuchstreit in Deutschland und Frankreich
transcript, 2007
294 Seiten, kartoniert
28,80 €
Warum noch ein Buch über den Kopftuchstreit? Schirin Amir-Moazami, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Kultur- und Sozialanthropologie der Viadrina in Frankfurt/Oder, bietet in der vorliegenden Abhandlung eine vergleichende Analyse der Kopftuchdebatte in Frankreich und Deutschland. Dabei analysiert die Autorin die Logiken der Diskursproduktion in beiden Staaten, wobei es ihr nicht darum geht, ein Pro oder Kontra aus der Diskussion abzuleiten, sondern die Argumente der Kritiker mit den Stimmen Kopftuch tragender junger Musliminnen ins Gespräch zu bringen. Die ersten beiden Kapitel behandeln dabei die Situation in Frankreich. Im Zentrum der Debatte in unserem westlichen Nachbarland steht der Begriff des französischen Laizismus, eine spezifische Form der Säkularität, der sich nur aus der Geschichte der Aufklärung und des Trennungsprozesses zwischen kirchlichen und staatlichen Organen begreifen läßt. Dabei argumentiert Amir-Moazami, daß die von vielen Teilen der französischen öffentlichkeit vertretene strikte Interpretation des Laizismus Ausdruck einer Unsicherheit gegenüber Prozessen der religiös-kulturellen Pluralisierung und der zunehmenden Bedeutung öffentlicher Formen des Islam ist. Die nächsten beiden Kapitel zeigen, dass die Situation in Deutschland ähnlich ist, jedoch hier auf andere, national geprägte Begriffe rekurriert wird, und vorwiegend verfassungsrechtliche Bedenken vorgetragen werden. Eine Kopftuch tragende Lehrerin gilt hierzulande mehrheitlich als Affront gegen die normativen Grundlagen der Verfassung bzw. deren angeblich "christlich-abendländische" Basis. In den weiteren Kapiteln treten die Stimmen Kopftuch tragender junger Frauen selbst ins Blickfeld. Dabei zeigt sich, daß es sich bei der Kopftuchpraxis nicht um einen passiv adaptierten Brauch handelt, sondern um eine bewußte Zustimmung zur islamischen Tradition zum einen um den Wunsch als Muslimin öffentliche Sichtbarkeit zu erlangen, und zum anderen als Symbol der eigenen Sittsamkeit. Ausführlich behandelt Amir-Moazim die von den Frauen zum Ausdruck gebrachten Interpretationen von Geschlecht und Geschlechterrollen, welche die traditionelle Formen von religiöser Autorität und männlicher Dominanz durch Re-Interpretation des Islam von innen heraus hinterfragen, andererseits aber auch bestätigen. Im Schlußkapitel resümiert die Autorin, daß die öffentlichen Diskurse in beiden Ländern über das Kopftuch, und damit auch über den Islam, die Komplexität der Lebensentwürfe junger Muslime nicht hinreichend berücksichtigen, insbesondere weil diese Diskurse bisher meist in Dichotomien verharren. Wer mehr über den Kopftuchstreit wissen, und auch mehr als ein oberflächliches Pamphlet Pro und Kontra lesen will, dem sei Amir-Moazims fundierte Analyse empfohlen.
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