Wer sich nie ein Buch über Schnecken kaufen wollte, sollte unbedingt zugreifen. Auf 150 Seiten wird die (weitgehend authentische) berührende Geschichte einer Zuneigung erzählt. Eine seltene, sehr schwere Viruserkrankung schränkt das Leben der Autorin stark ein Sie liegt im Bett, ist permanent erschöpft, kann sich kaum bewegen. Eines Tages bringt ihr eine Freundin (weniger mit Bedacht als auch Gedankenlosigkeit) eine Schnecke mit und setzt diese auf eine sich im Zimmer befindende Topfpflanze. Fortan beobachtet Elisabeth Bailey das Tier (so gut es geht, denn Schnecken sind nachtaktiv), reflektiert ihr zwangsweise entschleunigtes Leben im Vergleich zu jenem ihres neuen "Haustieres", denkt über Zeit nach und über Einsamkeit. Zugleich beginnt sie sich über Gastropoden zu informieren und wir erfahren viel über die Art, wie Schnecken sich fortbewegen und wie sie sich über die Welt ausgebreitet haben, was sie fressen, über welche Sinneswahrnehmung sie verfügen, über Sozialkontakte und Fortpflanzung. Aus der Beobachtung des Tieres und ihren Reflexionen schöpft die Autorin neuen Lebensmut, sie fühlt sich von dem Tier in gewisser Weise durch ein Jahr ihrer Krankheit begleitet, schöpft Trost aus seiner bloßen Anwesenheit wie auch aus vergleichenden überlegungen zu ihrer beider Schicksale. - Ein Buch, in dem die Faszination des Lebens ebenso wie seine Verletzbarkeit zum Ausdruck kommt. G. Reinsdorf