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Prinzip Menschlichkeit
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Joachim Bauer
Prinzip Menschlichkeit
Warum wir von Natur aus kooperieren
Heyne, 2008
256 Seiten, kartoniert
8,99 €
In der Geschichte der Diskussion über Darwins Evolutionstheorie gab es einige Werke, von Kropotkin bis Axelrod, die betonten, daß keineswegs der Kampf aller gegen alle das bestimmende Moment der Evolution sei, sondern ebenso gegenseitige Hilfe und Kooperation auf "natürliche" Weise entstehen. Auch Joachim Bauers Buch steht in dieser Tradition der Mediziner und Psychiater anerkennt den Entwicklungsgedanken, wendet sich aber gegen Vorstellungen des "Kampfes ums Dasein", den er als einen Kernsatz des Darwinismus ausmacht, und gegen die Soziobiologie. Als Begründung führt Bauer Ergebnisse der neurobiologischen Forschung an, die zeigen, wie wichtig das Ziel, die Zuwendung anderer zu erhalten, als Motivation für menschliches Handeln ist. In diesen Teilen, die sich auf das Individuum beziehen, ist das Buch interessant, bringt neue Argumente und gibt den Soziobiologen die eine oder andere Nuß zu knacken. Auch Bauers Plädoyer für gelingende Beziehungen als Grundlage eines veränderten gesellschaftlichen Zusammenlebens wirkt sympathisch, doch schon seine die Praxis betreffenden Anregungen deuten darauf hin, daß seine politischen Analysen ein wenig holzschnittartig sind. Grobe Vereinfachungen bei der Darstellung von Bauer abgelehnter Positionen kommen im Buch immer wieder vor. So wird auf wenigen Seiten eine Traditionslinie vom Darwinismus zu Rassismus und der Ermordung behinderter Menschen aufgemacht, die als wenig seriös bezeichnet werden muß. Auch Bauers Darlegungen über die vermeintlichen Erziehungsziele der 68er deuten eher auf einen beachtlichen Vorrat an Vorurteilen als auf eine umfassende Lektüre der damaligen pädagogischen Debatten hin. In seinem für die Taschenbuchausgabe geschriebenen Vorwort benennt er sogar die gesamte Soziobiologie als Widergängerin der eliminatorischen Selektionspolitik der Nazis und sieht in ihr die Legitimationsideologie des kapitalistischen Systems. Damit unterstreicht er nicht nur, daß ihm differenziertes Denken in politischen Fragen Schwierigkeiten bereitet, es wird zugleich offenkundig, daß Bauer die Ergebnisse spieltheoretischer Forschung ausblendet (obwohl sich einschlägige Titel im Literaturverzeichnis finden). Denn der von ihm aufgebaute Gegensatz "Egoismus" vs. "Kooperation" ist ein sog. Strohmann, also eine Position, die fast niemand von denen, die sich wissenschaftlich mit dem Zusammenleben von Menschen befassen, vertritt und die zudem logisch keineswegs zwingend ist. Trotzdem empfehlen wir das Buch zur Lektüre, da es Kritik an führenden Autoren der Soziobiologie (vor allem Dawkins und Wilson) pointiert zusammenfaßt und auf der Ebene des Individuums Fakten liefert, die in einem materialistischen Menschenbild Berücksichtigung finden müssen. G. Reinsdorf
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